Kennen Sie das Gefühl, wenn Sie für einen Arzttermin drei Monate warten müssen – aber im Fitnessstudio oder in der Drogerie übermorgen einen Gesundheitscheck bekommen? Willkommen in der Parallelgesellschaft der Gesundheit. Prävention zieht um – raus aus Wartezimmern, Krankenkassenangeboten und Formularen, hinein in den Alltag der Menschen.
Executive Summary
Prävention verlässt die engen Bahnen von Krankenkassenlogik und Arztpraxen und zieht um – in Drogerien, Fitnessstudios, Apps und KI-Chats. Dort entsteht ein neues, paralleles Ökosystem: niedrigschwellig, sofort verfügbar, mit klaren Chancen (Zugang, Convenience, Transparenz) und Risiken (Qualität, Fragmentierung, Ungleichheit).
Welche Chancen und Risiken entstehen daraus? Wer sind die zukünftigen Player in unserer Gesundheitswelt? Müssen wir Finanzen als Basis für ein gesundes Leben mitdenken?
Der Artikel ist inspiriert vom LinkedIn-Newsletter von Inga Bergen („Parallelwelt im Gesundheitswesen“, 4. September 2025). Danke für den Impuls, der uns zu diesem Deep-Dive motiviert hat.
Stefan Zipperer
Warum jetzt? Politik, Verhalten, Technologie – der Nährboden
Die politischen Signale sind eindeutig: Der Staat steckt seine Mittel vor allem in Pflege, Akutversorgung, Cyber-Sicherheit und traditionelle Sick-Care-Bereiche, während Prävention nach wie vor eine Nebenrolle spielt. Das spärliche Budget für Präventionsmaßnahmen – es sind weniger als 1% der gesamten Gesundheitsausgaben – wurde auch für 2026 nicht erhöht (letzter Stand des vorläufigen Etatplanungen des BMG, Stand: 12.09. 2025). Das öffnet Raum und Notwendigkeit für privat finanzierte, leicht verfügbare Angebote in Drogerien, Gyms, Apps und anderen neuen Anlaufstellen. Und hier tut sich gerade ‘was.
Parallel dazu verändert sich das Nutzerverhalten. Menschen wollen nicht mehr in Fachchinesisch belehrt werden, sondern erwarten Antworten sofort – verständlich, in natürlicher Sprache, rund um die Uhr. KI-Assistenzsysteme und Zero-Click-Suchen übernehmen zunehmend den Erstkontakt.
Die technologische Basis ist längst gelegt: Smartphones und Wearables messen Schlaf, Aktivität, Herzfrequenz oder kalkulieren VO₂max. Sie machen Gesundheit sichtbar, messbar, gestaltbarer. App-Ökosysteme schaffen Feedback-Schleifen, die Prävention „sticky“ machen: Nudge → Verhalten → Metrik → neue Gewohnheit.
Dieser Nährboden erklärt, warum Prävention nicht mehr auf das Gesundheitssystem wartet, sondern sich dorthin verlagert, wo die Menschen sind – in ihren Alltag.
Wohin wandert Prävention? Das neue Angebot
Die Prävention hat längst neue Orte gefunden. Schauen wir genauer hin:
1 | Retail & Third Spaces – Gesundheit im Alltag
Drogerien, Apotheken und Quartiersorte (nicht immer in Deutschland) werden zu Gesundheits-Touchpoints: Selbsttests mit Laboranbindung, Screening-Ecken und Beratung ohne Termin. Einkaufszentren integrieren “griffige” Lösungen aus dem Gesundheitssektor – nah, transparent, niedrigschwellig.
2 | Telemedizin zum Anfassen
Telemedizin-Kabinen in Bahnhöfen oder Handelsketten bieten Diagnostik vor Ort, Videokonsultation und eRezepte. Internationale Modelle zeigen, dass dieser hybride Ansatz durchaus funktionieren kann – und das Vertrauen der Nutzer gewinnt.
3 | Fitness integriert – noch mehr – Gesundheit
High-End-Clubs entwickeln sich zu Gesundheits- und Longevity-Hubs: mit Biomarker-Panels, Recovery-Zonen, Schlaf- und Atemlaboren light, dazu gibt es Club-Aesthetics und Community-Events. Mainstream-Gyms folgen mit Recovery, Kälte/Hitze, Screening und App-Integration. Das Ergebnis: Das Gym wird zur Präventionspraxis mit Gemeinschaftsgefühl.
Auch wenn diese Entwicklung eher in Städten stattfindet und hochpreisig ist, entwickeln sich Fitnessstudioketten zu Playern mit wachsender Gesundheitskompetenz.
4 | D2C-Programme & Medizin
Von Gewichtsmanagement über Hautgesundheit bis Mental Health: Direct-to-Consumer-Angebote professionalisieren den Zugang. In Deutschland häufig als Triage in die Regelversorgung – oder als Selbstzahlerpfad, etwa bei Cannabis oder Longevity-Paketen.
Pharma-Unternehmen und Health-Brands können sich hier als Communitybuilder rund um ihre Kernangebote positionieren. Starkes Marketing und etablierte Brands unterstützen diese Businessmodelle.
5 | Apps & Wearables
… sind ja schon länger da und werden immer leistungsstärker und interaktiver. Selbst ohne KI entstehen dort mehr Gesundheitsdaten als bei den gelegentlichen Arztbesuchen. Mit KI, maschinellem Lernen und LLMs (Large Language Modelle wie Chat GPT) werden Wearables zum virtuellen Arzt, Coach, Trainer in der Hosentasche – mit Brand-Oberfläche.
Der gemeinsame Nenner: Gesundheit muss bequem, verständlich und in den Alltag integriert sein – mit echten Daten aus Phone & Wearable als Motor.
Longevity als Story – mehr als Prävention
“Longevity” gehört nicht zu den Orten, an denen Prävention stattfindet, sondern spielt an einer anderen Stelle eine entscheidende Rolle für unser Gesundheitsverhalten.
Durch den Wunsch nach einem “gesünder älter werden” entsteht ein Perspektivwechsel: Longevity ist mehr als Anti-Aging oder Diskussionen in einer Biohacker-Bubble. Das Thema orchestriert Bewegung, Schlaf, Ernährung, Mentale Fitness / Stress, Kraft, Cardio und soziale Beziehungen – messbar mit Biomarkern, umsetzbar mit Micro-Habits. Healthy Longevity ist das griffigere Storytelling: Es erzählt von einem langen, gesunden Leben – und nicht von nüchterner „Prävention“.
Damit wird klar: Der „Umzug“ der Prävention passiert nicht nur räumlich, sondern auch sprachlich und kulturell. Er verändert, wie wir über Gesundheit sprechen und wie wir sie umsetzen.
Eine wichtige Frage bleibt: Passiert das alles jetzt ganz schnell und müssen wir alle alten Systeme über Bord werfen. Natürlich nicht!
Bei Umfragen zu Eigenverantwortung, eigener Leistung, den guten Vorsätzen tun wir (und das ist durchaus nicht in allen Ländern so) schwer. Wir hätten gerne die Komfortzone. Die “Anderen”, die uns sagen, was wir zu tun haben, aber bitte nicht zuviel. Die Arbeitgebern, die Gesundheitsangebote bereitstellen sollen, aber bitte ohne Verpflichtung. Kassenvollversorgung mit allen Leistungen? Unbedingt, aber auf keinen Fall mit Vorgaben zu Bewegung, Ernährung, Routinen.
Chancen & Risiken der Parallel-Versorgung
Wo Chancen entstehen, lauern auch Risiken.
Chancen
- Niedrigschwelliger Zugang: Prävention ohne Wartezeiten, direkt im Alltag. Mehr leicht verfügbare Angebote
- Transparenz: Preise und Outcomes sind klarer, Daten oft im eigenen Dashboard sichtbar.
- Motivation: Gamification und Community-Effekte steigern die Adhärenz.
- Sichtbarkeit: Prävention schafft es leichter in den Alltag der Menschen
Risiken
- Qualitätsstreuung: Zwischen Top-Anbietern und Marketing-getriebenen Angeboten können große Unterschiede entstehen
- Fragmentierung: Inkompatible Datenflüsse, Doppeluntersuchungen
- Ungleichheit (Health Equity): Wer zahlt, bekommt mehr – eine Zwei-Klassen-Prävention droht.
- Prävention braucht Gesundheitskompetenz: Wissensaufbau ist langwierig. Dieser Teilaspekt könnte “nebensächlich” sein
Offene Frage: Finanzielle Resilienz – das vergessene Fundament?
Wir reden viel über Bewegung, Ernährung und Schlaf. Aber was ist mit der finanziellen Seite? Gesund älter werden bedeutet auch, finanziell vorbereitet zu sein. Wie können Menschen Routinen entwickeln, die Körper und Konto gleichermaßen stabilisieren? Und wie unterstützen Unternehmen ihre Mitarbeitenden dabei, dass Vorsorge nicht nur gesundheitlich, sondern auch finanziell gelingt?
Die Antwort ist offen – aber klar ist: Gesundheit braucht ein starkes Fundament. Genau hier wird deutlich, dass Prävention mehr ist als ein medizinisches Konzept – sie ist ein gesellschaftliches und ökonomisches Thema.
Was das für BGM, BGF und Unternehmen bedeutet
Unternehmen stehen plötzlich in direkter Konkurrenz mit dieser neuen Gesundheitswelt. Während Mitarbeitende zu Hause intuitive Health-Apps nutzen und im Gym ganzheitliche Betreuung erhalten, wirken traditionelle BGM-Programme oft antiquiert. D.h. Mitarbeitende erwarten am Arbeitsplatz die gleiche Benutzerfreundlichkeit und Verständlichkeit, die sie aus der Consumer-Welt kennen. Ein kompliziertes Intranet-Portal für Gesundheitskurse wird ignoriert, wenn die private Fitness-App alles einfacher macht.
Die Chance: Unternehmen können die Niedrigschwelligkeit & UX der neuen Anbieter mit Reichweite & Teamgeist des Arbeitsplatzes verbinden – inklusive freiwilliger Datennutzung (Opt-in), um Challenges, Nudges und personalisierte Lernpfade sinnvoll zu steuern.
Was wir als Gesundheit Bewegt tun
Diese Analyse zeigt: Prävention zieht langsam aber stetig in den Alltag der Menschen um – mit all ihren Chancen, aber auch offenen Fragen. Genau hier liegt die Verantwortung für Unternehmen und Gesundheitsakteure: nicht abwarten, sondern Brücken bauen, mitdenken, gestalten und Angebote entwickeln.
Für uns heißt das: Mitarbeitende vergleichen ihre Consumer-Erlebnisse immer mehr mit dem, was sie im Betrieb erleben. Wer hier einfache, motivierende und qualitativ hochwertige BGF- und BGM-Angebote macht, gewinnt Vertrauen und Wirkung.
Die „Tu was“-Initiative
Unsere starke digitale 365-Tage BGF-Plattform bringt Prävention dorthin, wo sie gebraucht wird – in den Alltag der Mitarbeitenden und Teams. Mit Challenges, Checks und Community-Impulsen. Botschaft: „Tu was – heute, die nächsten 7 Tage, 52 Wochen“. Starte kostenfrei und erweitere bei Bedarf mit spannenden Zusatzbausteinen.
GB|Work+ für Ihre Corporate Health Culture
Ein flexibles, digitales BGF-Programm mit Optionen für digitale Gesundheitstage, Gesund Führen-Impulsen, Screenings, persönlichen Mikro-Lernpfaden, eigenen Team-Challenges und einem Daten-Dashboard zur Erfolgsanalyse. Unser Ziel: Gesundheit als Teil der Unternehmenskultur erlebbar machen, Leistungsfähigkeit erhalten, Risiken senken.
Mentale Gesundheit am Arbeitsplatz fördern: 9 alltagstaugliche Ideen für Ihre BGM-Strategie
9 Ideen für mentale Gesundheit am Arbeitsplatz, die Stress reduzieren und sich sofort umsetzen lassen.
Neu: Health-Ökosysteme gemeinsam bauen
Mit der Open Health Care Alliance und deren aktuell über 75 Partnern gestalten wir komplette Gesundheits-Ökosysteme. Gemeinsam unterstützen wir Pharmahersteller, Unternehmen, Versicherungen und Krankenkassen bei der Entwicklung neuer Vermarktungsmodelle für Ihre Leistungen.
Unsere Rolle: Dialogkonzepte, Healthtainment, Gamification und gesunder Lifestyle-Content, natürlich evidenzbasiert. Interaktive Tools wie unsere Healthguide-Plattform sorgen für eine schnelle Ideenumsetzung und Skalierung.
3 Dinge zum Merken
- Prävention findet ihren Weg dorthin, wo Menschen sind – nicht dorthin, wo das System sie haben möchte.
- Convenience & Verständlichkeit schlagen Perfektion. Menschen wählen das einfachere Angebot.
- Integration entscheidet. Wer Brücken zwischen Gyms, Retail, Telemedizin, Apps und Betrieb baut, gewinnt – fachlich und kulturell.
Die Parallelgesellschaft der Gesundheit wächst. Die Frage ist: Gestalten Sie sie mit, oder schauen Sie zu?
Mit der „Tu was“-Initiative, GB|Work+ und dem Ökosystem-Angebot der OHA bieten wir Unternehmen und Partnern den direkten Einstieg. Einfach, messbar, gemeinsam.
👉 Kontakt aufnehmen und Prävention dorthin bringen, wo die Menschen sind.
FAQs zum Wandel des Gesundheitssystems
Ist das nur ein kurzfristiger Hype?
Nein. Demografie, Fachkräftemangel und digitale Reife treiben diesen Wandel dauerhaft.
Wie verhindern wir Qualitätsverlust?
Mit Standards, Zertifikaten, klaren Datenflüssen (FHIR/ePA) und professioneller Supervision.
Welche Rolle spielt das klassische Gesundheitssystem noch?
Es bleibt unverzichtbar für Akut- und Langzeitversorgung. Doch Prävention zieht in den Alltag um. Das bedeutet: Das Gesundheitssystem muss stärker mit Consumer-Angeboten und Betrieben vernetzt werden, anstatt sie auszubremsen.
Warum ist Longevity als Begriff hilfreicher als Prävention?
„Prävention“ klingt oft nach Verzicht und Bürokratie. „Longevity“ dagegen erzählt die positive Geschichte eines langen, gesunden Lebens – ein Narrativ, das Menschen emotional anspricht und Unternehmen besser in ihre Kultur integrieren können.
Was können Unternehmen sofort tun?
Klein anfangen: Mit Check-Days, kurzen Team-Challenges oder digitalen Impulsen. Wichtig ist, Prävention nicht als Zusatzbelastung, sondern als Teil des Arbeitsalltags zu gestalten – niederschwellig, sichtbar, messbar.
Quellen
Bundesministerium für Gesundheit (BMG). (2020). Gesundheitskompetenz in Deutschland: Ergebnisse der HLS-GER 2-Studie. Amtliche Darstellung. Berlin: BMG.
Bundesministerium für Gesundheit (BMG). (2024). Allianz für Gesundheitskompetenz – Roadmap 2024. Prinzip Lebenswelten/Alltagsnähe. Berlin: BMG.
Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB). (2023). DGB-Index Gute Arbeit 2023: Betriebliche Prävention aus Sicht der Beschäftigten. Berlin: DGB.
Zukunftsinstitut. (2024). Trendradar Gesundheit: Megatrend Research zu Prävention, Digital Human Care und Smart Health Hubs. Frankfurt am Main: Zukunftsinstitut.
n-tv. (2025, 10. September). Gesundheitsministerin Warken schließt Leistungskürzungen nicht aus. Abgerufen von https://www.n-tv.de
DIE WELT. (2025, Juni). Krankenkassen-Finanzlage: Warken fordert Entlastung durch Bundesmittel. Abgerufen von https://www.welt.de
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Version:
- Erstveröffentlichung: 16.09.2025
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