#mentalhealthworks ist eine Initiative mehrerer Unternehmen, um Firmen, Krankenkassen und öffentliche Institutionen bei Fragen zur psychischen Gesundheit zu unterstützen. Aufeinander abgestimmte Mental Health-Angebote sollen dabei helfen, das Thema “leichter” zu machen und/oder einen Einstieg zu ermöglichen. Ein Mental Health-Navigator zeigt die verschiedenen Einstiegsmöglichkeiten in die Verbesserung der psychischen Gesundheit und Steigerung der mentalen Leistungsfähigkeit/Fitness.
Laura Henrich, CEO von Klenico erzählt heute, wie wichtig digitale Lösungen für die konkrete Hilfe für Betroffene sein kann. Sie ist heute unsere Interviewpartner.
Erzähl(t) uns kurz etwas zu Klenico – Get help now – Was macht ihr?
Der Ursprung von Klenico geht auf ein Forschungsteam der Universität Zürich zurück, welches mit Software die Diagnostik in der Psychiatrie erleichtern wollte. Ein paar Jahres später wurde Klenico als Start-Up ausgegründet und bietet seither eine intelligente, CE-zertifizierte Software, welche psychische Probleme präzise erfasst und übersichtlich auf Symptomkarten darstellt, sodass eine schnelle und zielgerichtete Unterstützung und Therapie möglich ist. Seit 2017 ist Klenico als webbasiertes System zur Unterstützung von Therapeut:innen und Psychiater:innen im Markt und mittlerweile sogar als Medizinprodukt zertifiziert. Ende letzten Jahres haben wir zudem GetHelpNow gelauncht, eine Anwendung für Betroffene mit psychischen Beschwerden, die noch gar nicht in Behandlung oder bei einer Fachperson angekommen sind und demnach nicht wissen, welche Form der Hilfe sie benötigen.
Mental Health ist immer mehr Gesprächsthema. Warum sollten sich Unternehmen um die Mental Health ihrer Mitarbeitenden kümmern?
In den letzten Jahren hat sich die psychische Belastung von Arbeitnehmenden beträchtlich erhöht. Eine repräsentative Studie, die im Auftrag der pronova BKK durchgeführt wurde, hat ergeben, dass vier Faktoren ein hohes Stresslevel und Erschöpfung hervorrufen.
- Fast jede:r Dritte (33%) gab an, dass der ständige Termindruck am Arbeitsplatz sehr belastend sei.
- Als weitere Faktoren folgten emotionale Belastungen (26%),
- mangelnde Pausen (25%)
- und das Verhalten von Vorgesetzten (24%).
Psychische Beschwerden verursachen nicht nur großes Leid bei Betroffenen, deren Familien und Freunden, sondern haben auch einen großen wirtschaftlichen Einfluss auf Unternehmen. Arbeitsausfälle aufgrund von psychischen Erkrankungen haben einen neuen Höchststand erreicht und sind im Vergleich zu vor zehn Jahren um 41 Prozent angestiegen. Ein einziger Fehltag kostet Unternehmen bis zu 1000 € pro Tag. Laut einer Untersuchung von WorkMed erstrecken sich die Fehlzeiten aufgrund psychischer Beschwerden im Durchschnitt über 218 Tage und sind in 95 Prozent der Fälle Vollzeit-Krankschreibungen.
Unternehmen sollten die psychische Gesundheit ihrer Mitarbeitenden deshalb sehr ernst nehmen. Ein besseres Verständnis für die mentale Gesundheit kann zu einer verbesserten Arbeitsatmosphäre, einer stärkeren Bindung zwischen Mitarbeitenden und mehr Produktivität führen, und wird auch zunehmend Bestandteil einer modernen Firmenkultur.
Wo und wie können Unternehmen ansetzen, wie unterstützt Klenico die Unternehmen bei Mental Health-Themen?
In Unternehmen, die die mentale Gesundheit ihrer Mitarbeitenden priorisieren, gehen Führungskräfte beim Thema psychische Erkrankungen mit gutem Beispiel voran und bringen es auf die Agenda. Wenn Mitarbeitende wahrnehmen, dass Vorgesetzte offen über das Thema mentale Gesundheit sprechen oder vielleicht sogar selbst damit zu kämpfen haben, fällt es ihnen leichter, ebenfalls darüber zu sprechen, zum Beispiel im geschützten Rahmen eines Feedback-Talks.
Darüber hinaus halte ich es für sinnvoll, ohnehin stattfindende Formate wie halbjährliche und jährliche Mitarbeitergespräche für dieses Thema zu nutzen. Es sollte nicht nur darum gehen, die Leistung der Mitarbeitenden zu bewerten und Ziele zu setzen, sondern auch den psychischen Gesundheitsfaktor mit einzubeziehen. Unter welchem Druck haben sie die gesteckten Ziele erfüllt? Wie gut konnte mit diesem Druck umgegangen werden? Wie sehr fühlen sich die Mitarbeitenden von ihren aktuellen Aufgaben belastet? Wie kann die Zusammenarbeit besser gestaltet werden?
Klar ist aber auch, dass bloße Awareness für das Thema Mental Health und Wellness-Maßnahmen noch lange keine wirksame Mental-Health-Strategie im Unternehmen darstellen. Akute oder chronische psychische Erkrankung müssen fachgerecht diagnostiziert und behandelt werden. Mit unserem Programm GetHelpNow helfen wir Menschen, die bereits Symptome oder Beschwerden entwickelt haben, dabei, schnell und einfach eine Diagnose zu erhalten und nächste Schritte zu gehen.
Gerade Gesundheitsdaten sind ein sensibler Bereich? Warum kann man Euch vertrauen?
Mit Klenico sind wir bereits in über hundert Kliniken und Praxen im Einsatz und garantieren ein Höchstmaß an Sicherheit der Gesundheitsdaten unserer Nutzerinnen und Nutzer. Durch den Einsatz modernster Technologien und die Einhaltung aller Bestimmungen der Europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), deren Einhaltung regelmäßig von unabhängigen Dritten auditiert wird, werden die Gesundheitsdaten unserer Nutzer:innen optimal geschützt. Die erfassten Gesundheitsdaten sind durch ein klares Berechtigungskonzept nur von dem zugeteilten Therapeuten einsehbar.
Darüber hinaus werden die Daten durch SSL-Verschlüsselung geschützt und in Datacentern gespeichert, welche ISO 27001 zertifiziert sind und über eine hochmoderne IT-Infrastruktur verfügen. Durch die CE-Zertifizierung als Medizinprodukt ist Klenico zudem bestens auf die Sicherheit von Kundendaten vorbereitet.
Welche Lücke schließt Klenico in der Mental Health Care-Kette?
Kurz zur “Mental Care-Kette”. Diese umfasst ein Set von aufeinander abgestimmten Maßnahmen, angefangen bei der Mental Health Awareness über die psychische Gefährdungsbeurteilung, Präventionsmaßnahmen, digital überall verfügbare Alltagestipps (wie Gesundheit|bewegt) und Mental Health Literacy bis hin zu kurativen und therapeutischen Ansätzen.
Unternehmen, die sich an die Bedürfnisse ihrer Mitarbeitenden wenden, um ihnen eine Unterstützung in Sachen Mental Health zu bieten, leisten mit Maßnahmen wie Awareness- oder Analyse-Workshop einen wertvollen Beitrag.
Doch wenn die Beschwerden bereits klinisch sind, reichen Prävention und Wellbeing allein nicht aus. Mit Klenico schließen wir hier die Lücke und bieten einen effektiven und nachhaltigen Ansatz, um Mitarbeitenden mit psychischen Beschwerden eine konkrete Diagnose zu stellen und nächste Schritte zur Linderung aufzuzeigen.
Ihr seid ein Teil der mentalhealthworks-Inititative. Welche Vorteile bietet Ihr? Woran arbeitet Ihr gerade?
Unternehmen haben den Bedarf nach Unterstützung der mentalen Gesundheit ihrer Mitarbeitenden längst erkannt, aber viele tun sich noch schwer, die ersten Schritte zu gehen. Die #mentalhealthworks Initiative bietet hier eine effektive Lösung, da sie verschiedene Leistungsbausteine zu den Themen psychische Gesundheit, psychisches Wohlbefinden und achtsames Arbeiten zusammenfasst und Unternehmen so in die Lage versetzt, ihren Mitarbeitenden eine breite Palette an Optionen zur Stärkung und Verbesserung ihrer psychischen Gesundheit zur Verfügung zu stellen. Schließlich hilft jedem und jeder etwas anderes.
Mit GetHelpNow übernehmen wir ab dem Moment, wo bei Mitarbeitenden bereits klinische Beschwerden vorliegen und es darum geht, eine Diagnose zu stellen und konkrete Empfehlungen für eine fachgerechte Therapie zu machen.
Wie wäre es mit einem Abschluss-Statement?
Bis wir einen Kulturwandel hin zu einer Arbeitswelt erleben, in der Depression nicht erst nach Feierabend stattfinden darf, wird es wahrscheinlich noch ein paar Jahre dauern. Aber ich blicke trotzdem optimistisch in die Zukunft, denn wir haben schon viel erreicht. Psychische Erkrankungen werden besser erkannt und weniger stigmatisiert. Es ist möglich, über Themen wie Burnout und Depression zu sprechen und das Verständnis für die damit einhergehenden Belastungen wächst. Viele Menschen, die unter psychischen Erkrankungen leiden, suchen aktiv Hilfe. Gleichzeitig hat sich in der Corona-Pandemie die Nachfrage nach psychotherapeutischen Angeboten um 48% bei Kindern und Jugendlichen und 40% bei Erwachsenen erhöht. Stress, Krieg und Klimakrise belasten die psychische Gesundheit.
Deshalb ist es weiterhin notwendig, die Psychotherapie zu modernisieren und digitale Lösungen anzubieten, um Beschwerden besser zu diagnostizieren, die Wartezeiten auf Therapieplätze zu überbrücken oder Menschen mit psychischen Beschwerden konkrete Unterstützung anzubieten. Digitale Lösungen erleichtern es zwar, uns um die eigene psychische Gesundheit zu kümmern. Einzig den offeneren Umgang mit dem Thema mentale Gesundheit kann uns noch keine App abnehmen.
Liebe Laura, vielen Dank für deine Ausführungen und deinen positiven Blick in die mentalhealth-Zukunft.
Das Interview führte Marion Steiner von Gesundheit Bewegt.